Heinz Drews
Hamburg, den 21. September 2007
Sierichstraße 106
22299 Hamburg
Frau
Dr. Angela Merkel
Bundeskanzlerin der
Bundesrepublik Deutschland
Bundeskanzleramt
Breite Straße 3
10178 Berlin
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin!
Am 17. September 2007 ist von mir ein Schreiben an
die Französische Botschaft ergangen, das ich mit dem darin erwähnten
Schreiben vom 16. April 2007 an die Amerikanische Botschaft zu Ihrer
Information und mit der Bitte um Kenntnisnahme des Inhalts als Kopie
beigefügt habe.
Meine in dem Schreiben an die Französische Botschaft
angebrachte Kritik zu einer Afrikapolitik halte ich für gerechtfertigt.
Auf der Internetseite www.hisverjus.de können weitere Informationen zur
Situation und zu Ereignissen in Afrika unter der Themenleiste „Afrika"
aufgerufen werden. Im besonderen bin ich auf die Verhältnisse in Togo
eingegangen, weil ich persönlich davon betroffen bin. Togo ist keine
Ausnahmeerscheinung. Was sich in Togo ereignet, ist praktische Politik,
wie sie überall in Afrika zu finden ist.
Meine deutlich formulierte Kritik gegenüber der
Französischen Botschaft muss auch vor dem Hintergrund der Ereignisse in
Togo im April 2005 gesehen wird. Ende April 2005 wurde das Goethe-
Institut in der Hauptstadt Lomé völlig zerstört. In Zusammenhang damit
haben alle Deutschen das Land fluchtartig verlassen und sind in die
Nachbarländer geflohen. Diese Politik fand die ausdrückliche
Unterstützung Frankreichs, und dafür fehlt mir jedes Verständnis. Es
gibt heute keine nennenswerten deutschen Aktivitäten mehr in Togo. Vor
einem leicht erklärbaren historischen Hintergrund duldet Frankreich
keinen deutschen Einfluss in Togo. Informationen, wie sich die Dinge
seit April 2005 weiter entwickelt haben, werden von offiziellen
zuständigen Stellen, aber auch von privaten Organisationen, verweigert.
Togo wird in der Informationspolitik der Medien systematisch ausgespart.
Unlängst habe ich einen Bericht im Fernsehen über Kinderarbeit in der
Elfenbeinküste verfolgt. 600000 Kinder arbeiten dort unter unwürdigen
Bedingungen in Kakaoplantagen im Alter von zwölf bis vierzehn Jahren
zwölf Stunden am Tag.
Der Gesichtsausdruck dieser Kinder wies schon
Alterserscheinungen auf. Befragt, erklärte ein führender Vertreter eines
Süßwarenkonzerns in Deutschland zum geschilderten Bericht über die
Elfenbeinküste, ihm sei davon nichts bekannt.
Meine Internetveröffentlichungen zur Situation in
Afrika, auch soweit ich persönlich davon betroffen bin, waren nicht ohne
Folgen. Meine Frau aus Togo wird hier in Deutschland aber auch von Togo
aus unter Druck gesetzt.
Das ist ein unhaltbarer und unzumutbarer Zustand. Die
Staatsanwaltschaft Hamburg ist bereits tätig gewesen, und ich werde
nicht zögern, erneut den Rechtsweg zu beschreiten, wenn dieser Zustand
kein Ende findet. Ich erwarte eine Stellungnahme und ein Handeln der
Bundesregierung. Ich bin nicht bereit, die im Grundgesetz garantierten
Rechte von einer afrikanischen Diktatur beschneiden zu lassen. Außerdem
möchte ich unbehelligt nach Togo einreisen, und mich mit meiner Frau
ohne Hindernisse dort aufhalten können. Die französische Politik ist die
treibende Kraft seit jeher gewesen, die einen Durchbruch zur Demokratie
in Togo verhindert hat. Frankreich setzt sich in seiner Afrikapolitik
auch über Beschlüsse der EU in Brüssel hinweg. Deutschland hat sich
offenkundig ebenfalls der französischen Afrikapolitik unterworfen. Diese
Kehrwendung der deutschen Politik wird in Afrika keinen guten Eindruck
hinterlassen, das spüre ich persönlich oft genug. 1993 hat Deutschland
die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Togo, wegen in diesem Lande
vorhandener Demokratiedefizite eingestellt, so ist es
Situationsberichten des Auswärtigen Amtes zu entnehmen. In einen
Situationsbericht des Auswärtigen Amtes vom 25. November 2006 über die
Beziehungen zwischen Togo und Deutschland, wird die Regierung in Togo in
harschen Worten aufgefordert das Goethe- Institut wieder herzurichten.
In einem Situationsbericht vom 1. Juni 2007 ist zu lesen, die Regierung
in Togo habe das Goethe- Institut im September 2006 im wieder
hergerichteten Zustand übergeben. Ende November 2006 wusste also das
Auswärtige Amt von der Wiederherstellung des Goethe- Instituts noch gar
nichts. Das ist doch wirklich merkwürdig. Aber das ist nicht die einzige
Merkwürdigkeit, der ich mich auf unterschiedlichen Ebenen gegenüber
sehe.
Als Togo 1960 die Unabhängigkeit erlangte, trat die
erste unabhängige togolesische Regierung an die Bundesrepublik
Deutschland heran mit der Bitte, in Togo beim Aufbau einer
Verwaltungsstruktur mitzuwirken. Mit Rücksicht auf Frankreich ist das
unterblieben. Heute wird in offiziellen deutschen Verlautbarungen auf
die mangelnde Effizienz der Verwaltung in Togo hingewiesen.
Die Bundeskanzlerin hat sich in Russland und in der
Volksrepublik China demonstrativ mit Oppositionspolitikern getroffen,
und in Verbindung damit einige Ermahnungen einfließen lassen. Auch
Amerika wurde ermahnt. Frankreich wird geschont. Es macht wenig Sinn,
Mächte zu ermahnen, und dann bei anderen Mächten Schutz zu suchen, um so
das politische Risiko, das mit solchen Ermahnungen verbunden ist, zu
minimieren. Dann sollten solche Ermahnungen besser ganz unterbleiben.
Wie ist es mit dem Demokratieverständnis in
Deutschland bestellt? Die jüngsten Äußerungen des Bundesinnenministers
und des Bundesverteidigungsministers lassen nichts Gutes erahnen.
Osama bin Laden, der, dem vernehmen nach, in einer
Höhle im pakistanisch- afghanischem Grenzgebiet residiert, hat sich
verächtlich über die Demokratie geäußert. Er ist auf dem Wege einer
großen Errungenschaft der europäischen Kultur- und Geistesgeschichte,
dem aus der Aufklärung hervorgegangenen demokratischen Verfassungsstaat,
den Todesstoß zu versetzen.
Mit freundlichen Grüßen |