Lutherrose

Heinz Drews                                                                        Hamburg, den 15. Dezember 2006

Sierichstraße 106

22299 Hamburg

  

Herrn

Dr. Frank-Walter Steinmeier

Bundesaußenminister der Bundesrepublik Deutschland

Werderscher Markt 1

10117 Berlin

  

Sehr geehrter Herr Bundesaußenminister!

Bevor ich mein Anliegen vor Ihnen ausbreite, erlaube ich mir den Hinweis auf folgende als Ablichtungen beigefügte Schriftstücke, die Grundlage meiner Ausführungen sein werden, mit der Bitte um Kenntnisnahme des Inhalts.

  • Schreiben an die Französische Botschaft vom 2. September 2006

  • Schreiben an die Botschaft der Republik Togo vom 2. September 2006

  • Schreiben an die Französische Botschaft vom 25. September und 31. Oktober 2006. Die darin genannten Schreiben an die diplomatischen Vertretungen afrikanischer Staaten sind,  mit dem darin erwähnten Schreiben an die Amerikanische Botschaft vom 8. Juli 2006, beigefügt.

  • Schreiben an die Botschaft der Republik Togo vom 1. Dezember 2006

  • Situationsbericht des Auswärtigen Amtes vom 25. November über die Beziehungen zwischen der Republik Togo und der Bundesrepublik Deutschland.

  • Newsletter der Israelischen Botschaft vom 27. November 2006.

  • E Mail- Schriftwechsel mit der Redaktion der SPD- Parteizeitung „Vorwärts“. Vom 12. Oktober 2006

  • Veröffentlichung einer von mir eingesandten Stellungnahme in der VORWÄRTS- Ausgabe von November 2006.

Ich beginne meine Ausführungen mit dem beigefügten Situationsbericht des Auswärtigen Amtes über die Beziehungen zwischen der Republik Togo und der Bundesrepublik Deutschland.

Das Auswärtige Amt hat hier zu sehr drastischen Formulierungen gegriffen. Gegenüber Frankreich hätte das Auswärtige Amt niemals einen solchen Ton angeschlagen, obwohl Frankreich der Hauptverantwortliche für die politische Entwicklung in Togo seit Februar 2005 und in dem Zeitraum davor ist. Frankreich hat ohnehin nie ein besonderes Interesse daran gehabt in Togo verfassungsrechtliche demokratische Zustände herbeizuführen.

Die Bundesrepublik Deutschland macht die Normalisierung der Beziehungen zur Republik Togo von der Wiederherstellung des zerstörten Goethe- Instituts abhängig.

Es wird also keine ungetrübten Beziehungen zwischen Deutschland und Togo in Zukunft geben, auf welcher Ebene auch immer. Selbst wenn die Regierung in Togo den guten politischen Willen hätte, das Goethe- Institut wieder herzurichten und den Schaden wieder gut zu machen, wäre Togo dazu aus finanziellen Gründen gar nicht in der Lage. Wenn schon Deutschland als drittgrößte Industrienation und Exportweltmeister oft in finanziellen Schwierigkeiten ist, was will Deutschland dann von Togo erwarten? Die Regierung in Togo, soweit mir Informationen vorliegen, hat sich nicht einmal für die Vorgänge entschuldigt. Warum auch? Jede deutsche Stimme des Protestes, und sei es noch zaghaft, wird mit dem Hinweis auf Adolf Hitler zum Schweigen gebracht. Das System funktioniert schon seit Jahrzehnten. Die französische Politik ist sehr zufrieden mit dieser Entwicklung, denn Frankreich wünscht keine Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Togo, ganz gleich, ob von staatlicher oder von privater Seite. Deutschland hat gegenüber Togo die Errichtung demokratischer transparenter Verfassungsstrukturen angemahnt und mehrfach auf Demokratiedefizite in dem Land hingewiesen. Auch hier wäre Frankreich der eigentliche Ansprechpartner gewesen.

Wenn Frankreich fähig und bereit ist zu Militäraktionen in Togo, wie es in 2005 mit der militärischen Besetzung des internationalen Flughafens von Lomé geschehen ist, dann hätte es sicher auch die Möglichkeit gehabt, den politischen Verhältnissen eine Wende zum Besseren zu geben. Die französische Politik denkt offenbar noch in den Kategorien des Kolonialzeitalters. Oder will Frankreich etwa den Ersten Weltkrieg in Togo fortsetzen? Wir wollen keine Fortsetzung des Ersten oder des Zweiten Weltkrieges weder mit psychologischen Mitteln noch mit wirtschaftlichen Mitteln noch gar mit militärischen Mitteln, was ja in nicht allzu ferner Vergangenheit in Europa auch schon wieder vorgekommen ist. Frankreich hat kein Recht, die Beziehungen zwischen Menschen aus Togo und Deutschland zu stören oder zu zerstören, mit Mitteln, die außerhalb demokratischer Geflogenheiten angesiedelt werden müssen. Das gilt besonders auch für die Zeit nach dem Tode des Präsidenten der Republik Togo, Herrn Gnassinbé Éyadema. Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht frei von Einmischungsversuchen in das politische Gefüge der Republik Togo. Das gilt besonders auch für die Zeit nach dem Tode des Präsidenten der Republik Togo,  Gnassingbé Éyadema. Da haben Treffen stattgefunden zwischen deutschen Vertretern und Vertretern der Opposition in Togo im Nachbarland Benin.  Warum das? Wer politische Transparents fordert, muss sie auch beispielhaft selber verwirklichen. Nachdem Deutschland mit seiner Politik in Togo gescheitert ist, hat es sich den Verhältnissen, wie sie entstanden sind, angepasst und sich dem französischen Machtanspruch unterworfen. Eine Politik, die in Togo und anderen afrikanischen Staaten nur Verachtung erzeugen kann. Eine Ermahnung an Frankreich für seine Politik in Afrika insgesamt, die hätte geschehen müssen, ist ausgeblieben. Der deutsche politische Opportunismus hat das nicht zugelassen. Immerhin hat sich die Bundesregierung aufgerafft und Russland auf seine Demokratiedefizite hingewiesen, und auch Amerika wurde abgemahnt wegen der Vorgänge in Guantánamo. Jetzt wollte die deutschen Außenpolitik sich nicht auch noch Frankreich anlegen. Es ist oft ein Markenzeichen Deutscher Außenpolitik, in eine Richtung zu ermahnen, um dann bei einer anderen Macht Schutz zu suchen, damit das politische Risiko nicht einen zu großen Umfang annimmt. Eine solche Politik richtet sich nicht aus nach ethischen Maßstäben, sondern nach machtpolitischen Kategorien. Darum sind Zweifel an der Aufrichtigkeit einer solchen Politik angebracht.

Die Zerstörung des Goethe- Instituts in Lomé und alles, was damit in Zusammenhang steht hat Folgen, die von den politisch Verantwortlichen in Berlin, Paris und Lomé bedacht werden sollten.

Das sind Ereignisse, die rassistischen Hetzern innerhalb und außerhalb Deutschlands den Rücken stärken. Das ist genau die Munition, die alte und neue Nazis für ihre Hasspropaganda benötigen und benutzen. Vielleicht ist das der Grund, warum die französische und deutsche Außenpolitik die Köpfe zusammenstecken, um alles unter der Decke zu halten. Mehr als 800 Tote, mehr als 4000 Verletzte und zwischen 40000 und 60000 Menschen aus Togo sind in die Nachbarländer Benin und Ghana geflohen. Das ist die Bilanz der Auseinandersetzungen.

Die politische Situation in Togo betrifft auch mich persönlich. Ich habe am 12. Januar 2005 in Togo geheiratet. Meine Frau und ich, wir sind von den Ereignissen danach unvorhergesehen überrollt worden. Ich habe Togo am 1. Februar 2005 verlassen. Meine Frau und engste Familienangehörige sind noch vor dem denkwürdigen 24. April 2005 aufgrund von Warnungen in das Nachbarland Benin geflohen. Am 26. Januar 2005 haben meine Frau und ich bei der Deutschen Botschaft in Lomé den Antrag auf Familienzusammenführung gestellt.

Am 1. Juli 2006 ist meine Frau mit einem Visum der Deutschen Botschaft versehen nach Deutschland eingereist. Inzwischen hat sie die Meldebestätigung erhalten und einen Aufenthaltstitel. Das Familienbuch ist auch erstellt worden.

Was noch fehlt ist die Bereinigung der politischen Situation, die sich für meine Frau und mich unerträglich gestaltet. Es bestehen familiäre Bindungen nach Frankreich, nach Deutschland und vor allem nach Togo. Die bestehenden Verhältnisse haben zu Spannungen geführt, die ausgeräumt werden müssen. Darum erwarte ich von der Bundesregierung und dem Auswärtigen Amt Maßnahmen, die geeignet sind, eine Beruhigung der Situation herbeizuführen. Die Bundesregierung ist mitverantwortlich für die politische Entwicklung in Togo, sei es durch Unterlassungen, sei es durch Einmischung. Diese Feststellung ist nicht als Wertung zu verstehen. Die Bundesregierung hat sich bisher der notwendigen Verantwortung entzogen. Die Erwartung, diese Politik zu ändern, ist nicht zu hoch geschraubt.

Meine Frau und ich und die Familie wollen unbehelligt von den politischen Ereignissen in Togo ein friedliches Dasein in Freiheit zu genießen. Das wird uns gegenwärtig unmöglich gemacht. Ich bin als deutscher Staatsbürger ohnehin nicht bereit, eine Einschränkung der mir im Grundgesetz gewährten Rechte hinzunehmen, aus Rücksicht auf politische Gegebenheiten außerhalb Deutschlands. Das gilt nicht nur für Togo; diesen Grundsatz habe ich auch für andere Bereiche beibehalten. Die Politik versucht ja hier gemeinhin mit „stiller Diplomatie“ etwas zu erreichen.

Darüber hinaus hat niemand das Recht, eine Zusammenarbeit zwischen Menschen aus Togo und Deutschland in Togo und in Deutschland, um gemeinsame Projekte durchzuführen, zu behindern. Eine solche Zusammenarbeit, die ausschließlich friedlichen Zwecken zum Wohlergehen der Menschen dient, bedroht niemanden.

Es hat geheißen, private Initiativen können in Togo weiter tätig sein. Aus meinem Umfeld heraus habe ich da andere Erfahrungen machen müssen. Ich erwarte von der Bundesregierung, eine Mitwirkung im Sinne einer Änderung der bestehenden Situation zum Besseren. Sollte das nicht geschehen, wird Klage erhoben beim Verwaltungsgericht Berlin. Meine Frau und ich und die Familie insgesamt, wir wollen ohne Ängste Leben, wo immer wir uns aufhalten. Das ist eine Forderung, die erfüllbar ist. Das Verwaltungsgericht Berlin, bestehend aus fünf Richtern, hat nach drei Verhandlungssitzungen das Urteil gefällt, meiner Frau aus Togo das Visum zu erteilen.

Das Bundesverfassungsgericht und das Oberverwaltungsgericht Berlin- Brandenburg sind tätig gewesen, was aber in dem Verfahren keine Bedeutung erlangt hat.

Sollte sich die Notwendigkeit ergeben, erneut vor das Verwaltungsgericht Berlin zu ziehen, dann wird es nicht um die Beziehungen zwischen meiner Frau und mir gehen, sondern um die Versuche, diese Beziehungen, das heißt die Ehe, durch „Einflüsse“ von außen zu stören und zu zerstören.

Ich habe Erfahrungen in solchen Dingen, meine erste Ehe ist durch politischen Druck von außen zerbrochen.

Meine erste Frau besaß zum Zeitpunkt der Eheschließung 1967 die israelische und die griechische Staatsbürgerschaft. Das war mancherorts nicht genehm und hat zu Aktionen geführt, die sich außerhalb des Rahmens bewegen, wie er vom Grundgesetz abgesteckt ist.

 Diesem Schreiben ist ein Newsletter der Israelischen Botschaft vom 27. November 2006 beigefügt. Ein Rabbiner in Israel hat einen Vergleich gezogen zu den Ereignissen in Darfur im Sudan und dem Holocaust. Das will wirklich etwas heißen. Aber Darfur ist nicht der einzige und erste Völkermord, der in Afrika vor laufenden Fernsehkameras begangen worden ist.

In einem Schriftwechsel im August und September 1994 mit dem damals amtierenden Bundesaußenminister, Herrn Dr. Klaus Kinkel, habe ich bereits einen Hinweis gegeben.

Der deutsche Bundesbürger kann sich so zu ARD und ZDF in die erste Reihe setzen, und sich alles betrachten mit Filzpantoffeln und Flaschenbier.

Mit Schutzmachtgebärden und dem Share- Holder- Value- Wirtschaftssystem ist in Afrika kein politischer, wirtschaftlicher und sozialer Fortschritt zu verwirklichen. Einem Wirtschaftssystem, in dem ständig zweistellige Milliardensummen eingesetzt werden, um Übernahmeschlachten zu finanzieren. Für humanitäre und soziale Belange bleibt dann nichts übrig.

Es hätte ja nahe gelegen, gegenüber Afrika eine Politik zu verwirklichen, die bessere Lebensbedingungen schüfe für den gequälten Kontinent, aber auf diesen Gedanken ist offensichtlich noch niemand gekommen. Außer immer wieder erneuerten, groß angelegten Versprechungen ist nichts geschehen. Der Kapitän der Kap Anamur ist vor Gericht gestellt worden, weil er im Mittelmeer Bootsflüchtlinge vor dem Ertrinken gerettet hat. Das Rechtsempfinden ist hier entsetzt und fassungslos.                                                        

 Ein französischer Regisseur hat in einem Film die Ausbeutungsmechanismen anschaulich gemacht, mit denen der afrikanische Kontinent überzogen wird. Reichtümer des Kontinents werden abtransportiert, nach vorher erfolgten  Waffenlieferungen. Wofür diese Waffen eingesetzt werden, ist kein Geheimnis geblieben. Sie werden vielfach genutzt, damit alte und neue Kolonialmächte ihre Stellvertreterkriege führen lassen können.

 Ein abschließender Hinweis gilt dem oben erwähntem Schreiben durch e Mail vom 12. Oktober 2006 an die Redaktion der SPD- Parteizeitung VORWÄRTS. Es enthält eine Stellungnahme zu Beiträgen in der VORWÄRTS- Ausgabe vom Oktober 2006. Mein Beitrag ist in der November- Ausgabe auszugsweise veröffentlicht worden.

Es ist das erste Mal seit zwanzig Jahren, dass ein deutsches Presseorgan eine von mir vertretene politische Tendenz zu historischen Vorgängen im vorigen Jahrhundert veröffentlicht.

 

Mit freundlichen Grüßen                                             gez. Heinz Drews

Heinz Drews

 

 

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