Lutherrose
Weimar 01
Themen18
Erster Weltkrieg und Amerikas Politik gegenüber Europa

Februar 2004

Präsident Woodrow Wilsons Außen- und Sicherheitspolitik während und nach dem Ersten Weltkrieg

Thomas Woodrow Wilson(1856-1924) war der 28. Präsident der USA(1913-1921). Unter seiner Führung traten die USA im April 1917 auf Seiten der Entente- Mächte in den Krieg gegen Deutschland ein. Der amerikanische Einsatz schuf eine erdrückende Materialüberlegenheit und entschied den Ausgang des Ersten Weltkrieges. Deutschland war aber auch im Innern durch die Hungerblockade der britischen Flotte geschwächt. Diese Maßnahme führte für die Menschen in Deutschland zu Versorgungsengpässen. Die ausreichende Ernährung der Bevölkerung konnte, da Deutschland gänzlich vom Welthandel angeschnitten war, nicht mehr gewährleistet werden. 800000 Menschen starben als Folge von Unterernährung. Die Blockade wurde auch nach Abschluss des Waffenstillstandes am

11. November 1918 fortgesetzt bis zum Juni 1919. Versuche der deutschen Kriegsflotte in der Skagerrak- Schlacht im Juni 1916 die Blockade zu durchbrechen, scheiterten schon an der zahlenmäßig um das Doppelte überlegenen britischen Schlachtflotte.

Vor diesem Hintergrund muss auch der „Lusitania- Zwischenfall“ gesehen werden. Im Mai 1915 versenkte ein deutsches Unterseeboot das britische Passagierschiff „Lusitania“. Mehr als tausend Menschen ertranken, darunter auch viele amerikanische Staatsbürger. Der Vorfall führte zu einer Steigerung der antideutschen Stimmung in Amerika, aber auch zu Sympathieverlusten für Deutschland außerhalb der Krieg führenden Mächte. Was zu dem Zeitpunkt noch niemand wissen konnte, wurde 1974 endgültig offenkundig mit Öffnung der Archive. Die „Lusitania“ hatte eben nicht nur dazu gedient, friedliebende Passagiere zu transportieren, sie hatte auch erhebliche Mengen Kriegsmaterial mit sich geführt. Auf deutscher Seite war das nicht verborgen geblieben, weshalb die Deutsche Botschaft vor Auslaufen des Schiffes in amerikanischen Presseorganen Warnungen veröffentlichen ließ. Amerika hatte also schon insgeheim Partei ergriffen nicht nur durch Materiallieferungen, sondern auch durch Kapitaltransfers. Die amerikanische Entscheidung Deutschlands Kriegsgegner mit Kapital zu versorgen, führte nach dem Ersten Weltkrieg zu Verwerfungen des Weltwirtschaftsgefüges und zum Zusammenbruch des Welthandels Ende der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Alle entscheidend am Ersten Weltkrieg beteiligten Mächte einschließlich Amerikas waren hoch verschuldet aus diesem Krieg hervorgegangen.

Drei Gebietsschwerpunkte kennzeichnen die Außenpolitik der Wilson- Administration:

-Europa

-Der Ferne Osten

-Lateinamerika

Die zeitliche Abfolge dieser Politik vollzieht sich in zwei Phasen:

  • · Phase: Die Außen- und Sicherheitspolitik während des Ersten Weltkrieges.
  • · Phase: Vom Waffenstillstand im November 1918 bis zum Abschluss des Versailler
  • · Friedensdiktates am 28. Juni 1919.
  • Die geistigen Wurzeln Präsident Wilsons werden von außen und auch von ihm selbst in der Tradition protestantischer Einwanderer zu Beginn der amerikanischen Geschichte gesehen.
  • Die Linie seiner Politik lässt sich nachzeichnen und festmachen an Reden, die Wilson zu verschiednen Gelegenheiten während des Ersten Weltkrieges gehalten hat.

    Die Reden Wilsons haben einen ambivalenten Charakter, sie enthalten Gegensätze und Widersprüche. Eine solche politische Tendenz wurde von allen Kriegsparteien während des Ersten Weltkrieges gepflegt. Es wurden Zusagen gemacht, die sich später als politische Taktik herausstellten. In Wahrheit haben beide Seiten danach getrachtet, ihre Maximalforderungen durchzusetzen.

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    Erster Weltkrieg und Amerikas Politik gegenüber Europa

    Am 22. Januar 1917 hielt Wilson eine Rede vor dem Senat der USA. In dieser Rede ist noch das Bemühen zu erkennen, eine neutrale Haltung zu wahren. Die Rede bezog sich auf eine identische Note vom 18. Dezember 1916 an die Krieg führenden Mächte, ihre Vorstellungen zu einem künftigen Frieden darzulegen. Die Note war von den Mittelmächten (Deutschland und Österreich-Ungarn) und den alliierten Ententemächten beantwortet worden. Wilsons Interpretation zu diesen Antworten lässt bereits seine Neigung zu den Ententemächten erkennen, wenn auch noch in abgeschwächter Form.

    Die Rede enthält den Vorschlag zur Gründung eines Völkerbundes. Eine dauerhafte Ordnung sollte entstehen, die der traditionsgemäß begründeten alten europäischen Ordnung entgegenstand. Die Staatsmänner der beiden Völkergruppen hatten Wilson versichert, ihre Kriegsziele seien nicht auf die Vernichtung des Gegners ausgerichtet.

    Wilson ließ erkennen, dass auf beiden Seiten des Ozeans unterschiedliche Vorstellungen über den zu erreichenden Friedenszustand bestünden. Wörtlich heißt es: „Vor allem anderen ist damit gesagt, dass es ein Friede ohne Sieg sein muss.“ Und weiter: „Ein Sieg würde zu bedeuten haben, dass der Friede dem Besiegten aufgezwungen würde,...“

    Ein anderer bedeutsamer Satz lautet: „Wenn nur allerseits das rechte Entgegenkommen bewiesen wird, so braucht keine Nation zu den offenen Straßen des Welthandels abgeschnitten sein.“ Am Schluss der Rede unterbreitete Wilson den Vorschlag, Monroe- Doktrin zur Doktrin der ganzen Welt zu machen, die besagt, das kein Staat den anderen unterdrücken darf.

    Am 2. April hielt Wilson eine Rede vor beiden Häusern des Kongresses, die eine deutliche Abkehr von den Grundsätzen enthielt, die er am 22. Januar 1917 verkündet hatte. Als Begründung für diesen Wandel diente die Verkündung und Durchführung des uneingeschränkten U-Bootkrieges gegen Großbritannien durch Deutschland am

    31. Januar 1917. Nach dem „Lusitania- Zwischenfall“ war der U-Bootkrieg durch Deutschland zunächst ausgesetzt worden. Dieser Rede kann ein feindseliger Charakter nicht abgesprochen werden, zumal die Blockade der deutschen Küsten durch englische Kriegsschiffe mit ihren gravierenden Auswirkungen unerwähnt blieb.

    Wörtlich erklärte Wilson: „Der gegenwärtige deutsche Tauchbootkrieg gegen den Handel ist ein Krieg gegen die ganze Menschheit.“

    Es wird eine neue Zielsetzung amerikanischer Politik verkündet mit dem Satz: „...um die Regierung des Deutschen Reiches zum Unterliegen zu bringen.“ Und weiter: „ Ein dauerhaftes Einvernehmen zugunsten des Friedens ist nur in Gestalt einer Genossenschaft demokratischer Nationen möglich. Einer autokratischen Regierung könnte man nicht das Vertrauen entgegenbringen, dass sie innerhalb einer solchen Genossenschaft treu und Glauben halten würde. Es muss eine Ehrenliga sein...“

    In Bezug auf Russland äußerte Wilson im Hinblick auf die Entwicklung, die kurz zuvor in diesem Lande stattgefunden hatte, nachdem der Zar am 15. März 1917 abgedankt hatte:

    „Die besten Kenner Russlands wussten, dass es in Wirklichkeit im Grunde seines Herzens stets demokratisch war...“ Und weiter: „Das ist ein Genosse, der in eine Ehrenliga passt...“

    Diese Einschätzung hat Wilson auch nicht revidiert, als Lenin die Macht in Russland übernahm.

    Über Preußen urteilte Wilson anders: „Einer der Umstände, die zu unserer Überzeugung beigetragen haben, ist, dass die preußische Autokratie niemals unser Freund war, und es auch niemals sein könnte...“ Amerika war also zu dem Zeitpunkt an einem Versöhnungsfrieden in Europa nicht interessiert, das lassen die Aussagen sehr deutlich erkennen.

    Am 1. August 1917 unternahm Papst Benedikt XV. einen Vermittlungsversuch.

    Es ist protokollarisch ein beachtenswerter Vorgang, dass Präsident Wilson seinen Außenminister Robert Lansing mit der Antwort beauftragt, in der ausgeführt wird:

    „Seine Heiligkeit schlägt in der Hauptsache vor, dass wir zum status quo ante bellum zurückkehren und dass ein allgemeines Verzeihen, Entwaffnung und Einvernehmen der Nationen stattfinden soll. Durch ähnliches Einvernehmen soll die Freiheit der Meere wiederhergestellt werden. Die Gebietsansprüche Frankreichs, Italiens, die verwirrenden Probleme der Balkanstaaten und die Wiederherstellung Polens sollen versöhnenden Vereinbarungen überlassen werden, die nach der Stimmung eines solchen Friedens möglich sein könnten...“ „Es liegt auf der Hand, dass kein Teil dieses Programms erfolgreich durchgeführt werden kann...“

    Einige Zitate aus der Ansprache Wilsons an die American Federation of Labour, worin er ausführte: „Sie können die meisten Kriege recht einfach erklären, allein die Erklärung des jetzigen Krieges ist nicht so einfach. Seine Wurzeln senken sich tief in den Boden der Geschichte, und nach meiner Auffassung ist dies der letzte entscheidende Waffengang zwischen den alten Grundsätzen der Macht und den neuen Grundsätzen der Freiheit.“

    Die Rede enthält auch die Feststellung der Krieg sei von Deutschland begonnen worden.

    Massive Vorwürfe erhebt Wilson gegen deutsches Herrschaftsstreben unter Hinweis auf die Forderungen des „Alldeutschen Verbandes“. Der Vorwurf wäre berechtigt gewesen, wenn nicht die Wilson-Administration eine einseitig festgelegte Haltung zu dem Zeitpunkt bereits eingenommen hatte. Die formulierten Kriegsziele des „Alldeutschen Verbandes“, die Deutschlands Kriegsgegnern bekannt waren, beinhalteten tief greifendes Unrecht gegenüber anderen Völkern. Diese Forderungen waren allerdings nicht offizielle Regierungspolitik. Dennoch gibt es für diese Politik des Unrechts keine Rechtfertigung. Der Einwand, „die anderen“ hätten gleichartig gelagerte Ziele verfolgt, greift hier zu kurz.

    In der zuletzt genannten Rede brachte Wilson den Deutschen großes Lob entgegen, würdigte ihre wissenschaftlichen und industriellen Leistungen und stellte fest: „Deutschland hatte einen Platz an der Sonne“ und verband damit die Frage: „Warum war es nicht zufrieden?“ Die Frage war berechtigt. Otto von Bismarck hätte dem zugestimmt, denn während seiner Amtszeit und danach bis zu seinem Tode 1898 hat Bismarck unablässig gewarnt, sich mit dem Erreichten zu begnügen. Vergeblich! Nach seiner Entlassung 1890 hatten seine Nachfolger die Losung ausgegeben, Deutschland brauche einen „Platz an der Sonne“ und wollten weiter ausgreifen. Nach der vollzogenen Einheit Deutschlands 1871 verfolgte Bismarck das Ziel der Friedenssicherung in Europa. Die Bündnissysteme, die Bismarck mit diplomatischem Geschick dazu etablierte, hatten nicht das Ziel eine Hegemoniestellung zu begründen.

    Das Ziel, den Krieg zu gewinnen, formulierte Wilson auch in seiner Jahresbotschaft an den Kongress am 4. Dezember 1917, in welcher er die Forderung erhob, das deutsche System zu zerstören. Für diese Politik mit ihrer Zielsetzung gibt es ebenfalls keine Rechtfertigung.

    Am 8. Januar 1918 verkündet Wilson ein Programm des Weltfriedens. In dieser Rede findet sich auch das 14- Punkte- Programm, das später zur Grundlage des Waffenstillstandes herangezogen wurde.

    In Punkt 2 heißt es: Uneingeschränkte Freiheit der Schifffahrt auf den Meeren außerhalb der Territorialgewässer im Frieden sowohl wie im Kriege, ausgenommen wenn die Meere gänzlich oder teilweise zur Durchführung der internationalen Verträge, Kraft internationaler Beschlüsse gesperrt werden müssen. Hier sollte also ein Grundsatz vertraglich festgelegt und zugleich wieder annulliert werden.

     

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