Heinz Drews Hamburg, den 4. Mai 1998 Postfach 605475 22249 Hamburg An den Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland Herrn Ignaz Bubis Jüdische Gemeinde Frankfurt Westendstraße 43 60325 Frankfurt a. M. Sehr geehrter Herr Präsident ! Vor einigen Monaten war in einem Pressebericht zu lesen, Sie hätten den Vorschlag gemacht, in einer KZ- Gedenkstätte eine Gelöbnisfeier der Bundeswehr abzuhalten. Als Bürger der Bundesrepublik Deutschland bin ich sehr einverstanden mit diesem Vorschlag. Die Stimmung im Lande ist sicher nicht danach. Der Grund, warum ich mich mit diesem Schreiben an Sie wenden möchte, ist ein Bericht im „Hamburger Abendblatt“ vom 24. April 1998 über den „Marsch der Lebenden“ von Auschwitz nach Birkenau, an dem auch der israelische Ministerpräsident Netanjahu teilgenommen hat. In dem Bericht wird Netanjahu zitiert mit dem Satz: „Die Alliierten wußten es- warum haben sie nichts getan?“ Mit dieser Aussage hat der israelische Ministerpräsident ein Zeichen der Hoffnung gesetzt für all jene, die gegen einen politischen Opportunismus ankämpfen, der immer seltsamere Blüten treibt und zu überwuchern droht. Aber die Alliierten haben etwas getan. Sie haben die Produktionsstätten der IG-Farben in Auschwitz bombardiert., nicht aber die Vernichtungsanlagen. So hat es Eugen Kogon in einer Fernsehsendung zu Beginn der achtziger Jahre dargestellt. Bei einem Zusammentreffen mit dem ehemaligen amerikanischen Hochkommisar für Deutschland, McCloy, habe er diesem die Frage vorgelegt, warum nicht auch die Vernichtungsanlagen zerstört worden seien? Darauf habe McCloy, so Eugen Kogon weiter in der besagten Fernsehsendung, die Antwort verweigert. Ich habe kein Verständnis dafür, daß über solche Ereignisse der Vergangenheit ein Schleier ausgebreitet wird, damit sie nicht in das Bewußtsein der Öffentlichkeit gelangen. Abschließend möchte ich noch hinweisen auf die beigefügte Ablichtung eines Schreibens vom 1. Dezember 1997 an die Australische Botschaft, das im Rahmen einer Protestaktion ergangen ist, in welch, darin ist andeutungsweise erkennbar mit welchen Mitteln gearbeitet worden ist, um mich zum Schweigen zu bringen. In Zusammenhang damit steht das beigefügte Schreiben der Israelischen Botschaft vom 8. Dezember 1997. Ebenso beigefügt habe ich ein Schreiben an Bundespräsident Roman Herzog vom 10. Januar 1998 mit dem darin erwähnten Pressebericht und dem Antwortschreiben des Bundespräsidialamtes vom 22. Januar 1998. Für eine Kenntnisnahme dieser Schreiben wäre ich Ihnen sehr dankbar. Mit freundlichen Grüßen |