Lutherrose
I. Der Weg zur Deutschen Einheit
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1. 1866 und der deutsche „Sonderweg

I. Der Weg zur Deutschen Einheit

Der Weg zur Deutschen Einheit war lang und beschwerlich, er begann unheilvoll und endete 1945 unheilvoll.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg, dem nahezu zwei Drittel der Bevölkerung im Deutschen Reichsgebiet zum Opfer fielen, wurde Deutschland im Westfälischen Frieden in mehr als über 300 souveräne Staaten und Kleinstaaten
aufgeteilt.Napoleon hatte während seiner Herrschaft über Deutschland 1806 den Rheinbund gegründet, der 16 Staaten umfasste, nachdem bereits 1803 ebenfalls auf Betreiben Napoleons im Reichsdeputationshauptschluss eine Neuordnung des deutschen Staatenwesens vorgenommen worden war. Als auch Preußen 1806 unter französische Herrschaft fiel, folgten daraus Einsichten in die Notwendigkeit zu einer Veränderung der politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten. Reformen wurden in Angriff genommen, die Zuversicht aufkommen ließen.
Vor Ausbruch der Befreiungskriege 1813/14 gegen die napoleonische Herrschaft wurden in Preußen und Deutschland Versprechen gegeben, die keine Erfüllung fanden. Das galt besonders für das Versprechen, eine Verfassung zu gewähren. 1815, nach Ende der Befreiungskriege, schufen die auf dem Wiener Kongress vertretenen Mächte Europas eine neue Ordnung, die aber nicht wirklich neu war, sondern angelehnt an die Verhältnisse, wie sie vor Ausbruch der Französischen Revolution 1789 bestanden hatten. In Deutschland war die Enttäuschung groß, war doch die Erwartung gehegt worden auf die Einheit Deutschlands auf verfassungsrechtlicher Grundlage. Dazu kam es nicht, es wurde der Deutsche Bund geschaffen, der sich aus 39 unabhängigen souveränen Staaten zusammensetzte. Es folgte die Zeit der Restauration und des Vormärz. Eine Zeit, die im März 1848 an ihre Grenzen stoßen sollte. Das Verlangen der Menschen nach Veränderung der politischen Verhältnisse hatte sich zu sehr im Bewusstsein festgesetzt. 1848 wurde mit dem Frankfurter Paulskirchenparlament der erste Anlauf unternommen, die Einheit Deutschlands auf verfassungsmäßiger demokratischer Grundlage herzustellen.

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1. 1866 und der deutsche „Sonderweg

Die Beschlüsse des Wiener Kongresses hatten auf dem Territorium des Deutschen Bundes zwei europäische Großmächte entstehen lassen: Österreich und Preußen. Nach 1848, als revolutionäre Strömungen auch die Länder des Deutschen Bundes erreichten, strebte der Dualismus dieser beiden Mächte einem neuen Höhepunkt zu. Preußen und Österreich blieben von Verfassungskonflikten nicht verschont. Der österreichische Staatskanzler Metternich, das Symbol absolutistischen Herrschaftsanspruches, verlor seine Machtstellung und verließ Österreich. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. lehnte die Kaiserkrone ab, die ihm von der Frankfurter Nationalversammlung, wo eine verfassungsmäßige demokratische Neuordnung Deutschlands angestrebt wurde, angetragen worden war. Eine Rückkehr zu den Zuständen, wie sie vor 1848 geherrscht hatten, lies sich nicht mehr durchsetzen, wenn auch viele Erwartungen enttäuscht wurden. Die Pläne der Frankfurter Nationalversammlung, die Deutsche Einheit herbeizuführen, und das damit verbundene Verfassungskonzept ließen sich nicht verwirklichen. Die Widerstände der konservativ- absolutistisch orientierten Mächte erwiesen sich als stärker. Preußen ergriff jetzt die Initiative, nachdem es im August 1849 das Dreiklassenwahlrecht zur Wahl des Preußischen Landtages eingeführt hatte. Der Preußische König und sein enger Mitarbeiter und späterer Außenminister Radowitz verfolgten den Plan, die norddeutschen Staaten in einem Bund zu einen. Ein Parlament wurde nach dem preußischen Dreiklassenwahlrecht gewählt, das in Erfurt zusammentrat. Die danach benannte „Erfurter Union“ scheiterte am Widerstand Österreichs und Russlands. Österreich war nicht bereit gewesen, Preußen als gleichwertige Macht im Deutschen Bund anzuerkennen. Im November 1850 musste sich Preußen in der „Olmützer Punktation“ den österreichischen Forderungen fügen. Im Sommer 1851 nahm der Bundestag als Organ des Deutschen Bundes seine Tätigkeit wieder auf. 1863, als Bismarck schon preußischer Ministerpräsident war, unterbreitete er den Vorschlag zur Reform des Deutschen Bundes nach dem allgemeinen, freien, gleichen und geheimen Wahlrecht, was allseits auch außerhalb Deutschlands auf Ablehnung stieß. Das Dreiklassenwahlrecht hatte er als „das elendste aller Wahlrechte“ bezeichnet.
Im selben Jahr unternahm es auch Österreich im „Frankfurter Fürstentag“ , den Deutschen Bund neu zu ordnen. Preußen verweigerte die Mitarbeit, und es kam zu einem ernsten Zusammenstoß zwischen beiden Mächten. Diesmal setzte sich Preußen durch unter der Führung seines Ministerpräsidenten. Dennoch zogen Preußen und Österreich gemeinsam gegen Dänemark im Streit um Schleswig- Holstein in den Krieg. Die Gemeinsamkeit zerbrach schnell, was 1866 zum Krieg zwischen Preußen und Österreich führte. Einige norddeutsche Staaten verbündeten sich mit Preußen, während die süddeutschen Staaten und Hannover mit Österreich in den Kampf zogen. Gestärkt durch die Heeresreform, die Bismarck gegen den Landtag auf verfassungswidrigem Wege durchgesetzt hatte, zeigte sich Preußen militärisch überlegen. Der militärische Sieg Preußens hatte die Auflösung des Deutschen Bundes und die Gründung des Norddeutschen Bundes zur Folge. Was mit der „Erfurter Union“ misslungen war, gelang diesmal allerdings mit „Blut und Eisen“. Die Frage ist bis heute nicht verstummt: Hätte es soweit kommen müssen? Angesichts der Katastrophen der Deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert ist die Antwort eher zuungunsten Bismarcks ausgefallen.

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1866 bis 1871Seiten Anfang2. Der Liberalismus und seine Möglichkeiten

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