5300 Bonn 1, den 31 Juli 1992 Postfach Adenauerallee 141 Fernruf 0228/56 -2004 oder 022//561 Vermittlung Telex 886750 Telefax 0228/562357
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012-K- 000 476 /92/002 (Bei Antwort bitte angeben) Bundeskanzleramt Postfach 5300 Bonn 1 Herrn
Heinz Drews Postfach 60 54 75 2000 Hamburg 60 Sehr geehrter Herr Drews, ich bin beauftragt, Ihnen auch für Ihr Schreiben vom 25. Juli 1992 zu danken. Von Ihren Ausführungen habe ich wiederum aufmerksam Kenntnis genommen, kann allerdings viele Ihrer Wertungen nach wie vor nicht teilen. Ich darf in diesem Zusammenhang auf meine Antwort vom 9. Juli 1992 Bezug nehmen und nochmals verdeutlichen, daß es bei dem Verfahren gegen Erich Honecker vor dem zuständigen Berliner Gericht um die strafrechtliche Bewertung der Todesschüsse an der damaligen Mauer und der Anlage von Minenfeldern geht. Keinesfalls geht es bei diesem Verfahren um eine politische Aufarbeitung der deutschen Nachkriegsgeschichte. Diese kann von Gerichten nicht geleistet werden. Ich möchte im übrigen auf Ihre sehr persönliche Bewertung der Nachkriegsgeschichte nicht eingehen, möchte aber Ihre Ausführungen bezüglich der NATO nicht unwidersprochen lassen. Die wichtigste Institution für unsere Sicherheit, für die Gestaltung für Frieden und Stabilität in Europa ist und bleibt die NATO. Die Festigung der transatlantischen Verbindung ist dabei ebenso von Bedeutung, wie die Stärkung des europäischen Pfeilers im Bündnis, nämlich die Bereitschaft und die Fähigkeit der europäischen Mitgliedsstaaten, größere Verantwortung zu übernehmen. Dieses Bündnis, das kein Feindbild braucht, sondern eine Wertegemeinschaft ist, behält seine politische, militärische und friedenssichernde Bedeutung, auch nachdem der Warschauer Pakt seine Auflösung vollzogen hat. Die von Ihnen eingereichten Unterlagen reiche ich zu meiner Entlastung zurück. Mit freundlichen Grüßen  Bernhard Hayer |