Mai 2005 Das 25 Punkte- Programm der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) Das 25 Punkte- Programm wurde von Hitler am 24. Februar 1920 im Bürgerbräukeller in München verkündet. Die Partei hieß zu diesem Zeitpunkt noch DAP (Deutsche Arbeiter Partei). Es war die erste Massenversammlung, in der Hitler sprach, und die er gegen den Willen der Parteiführung durchgesetzt hatte. Der Bürgerbräukeller fasste 2000 Zuhörer. Die Versammlungshalle hatte sich während Hitlers Rede gefüllt, nicht nur mit Anhängern, sondern auch mit Gegnern, die Störversuche unternahmen. Es geschah das, was später noch oft geschah, Hitler gewann die Oberhand. Es wurde ein gelungener Start. Hitler faszinierte die Zuhörer. Die parteiinterne Kritik verstummte, er hatte damit seine Kritiker überwunden, die zuvor in kleinen Zirkeln ihre Zusammenkünfte abgehalten hatten, und den Plan eine Großveranstaltung abzuhalten als „Wahnsinnsvorhaben“ mit Misstrauen begleitet. Es muss ihn in seinem Sendungsbewusstsein bestärkt haben, konnte er doch auf die augenscheinliche Richtigkeit seiner Einschätzung verweisen. Was am Anfang stand, sollte sich später noch oft wiederholen bis in die Anfänge des Zweiten Weltkrieges hinein, bis dann seine Einschätzungen sich als Überschätzungen erwiesen. Die volle Entfaltung seiner demagogischen Fähigkeiten und ihre Auswirkungen zeigten sich aber erst zu Beginn der 30er Jahre. In den 20er Jahren dümpelte die Partei als eine Randerscheinung dahin. Geduldig hatten die Menschen in Deutschland die Lasten, die mit dem Verlust des Ersten Weltkrieges Verbunden waren, getragen: Die wirtschaftliche Not der Inflationszeit bis 1923. Neben den wirtschaftlichen Lasten gab es noch eine politische Last, die es zu tragen galt: Die Kriegsschuldfrage. Sie nagte am politischen Körper der Weimarer Republik und zerfraß ihn. Der Name Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei bestand so nicht von Anbeginn. Als Hitler am 24. Februar 1920 im Bürgerbräukeller das 25 Punkte Programm verkündete hieß die Partei noch DAP. Die später erfolgte Umänderung des Namens mit den beiden Attributen national und sozial war taktisch geschickt gewählt. Die Wahl dieser Worte passte in den Lauf der Zeit. Sie sollten als die beiden Programmstützpfeiler der Partei gelten. Sozialer Aufstieg und Beseitigung nationaler Demütigung im Gefolge des Ersten Weltkrieges. Nach Beendigung der Inflationszeit im November 1923 kam Hoffnung auf, die manchen Betrachter von den „Goldenen Zwanzigern“ sprechen ließ. Der Hoffnungsschimmer erlosch je am 24. Oktober 1929 dem „Schwarzen Freitag“, der eine weltweite Wirtschaftskrise auslöste. Der wirtschaftliche Entwicklung verlief in eine umgekehrte Richtung. Was nach dem Ersten Weltkrieg die wirtschaftliche Not ins unermessliche steigen ließ bis zu einem Punkt, wo ein Dollar 4,2 Billionen Mark kostete, das äußerte sich in einer nicht mindergroßen wirtschaftlichen Not nach 1929 mit einer Deflation als Ursache ständig fallender Preise. Inflation und Deflation führen entsprechend ihrem Wirkungsgrad und ihrer Geschwindigkeit, die unterschiedlich sein können, in einen Abgrund sozialer Not, und je tiefer und unergründlicher sich dieser Abgrund gestaltet, um so schwerer ist es aus ihm wieder empor zu klimmen. Inflation bedeutet Entlastung für den Schuldner, denn mit steigender Inflationsrate fallen die Schulden entsprechend. Umgekehrt ist die Entwicklung in einer Phase der Deflation. Sie bedeutet steigende Kaufkraft und entsprechend steigen die Schulden. Nominell ändert sich nichts weder in der Inflation noch in der Deflation, entscheidend aber ist das Gewicht der Kaufkraft. Das deutsche Kaiserreich hatte im Ersten Weltkrieg eine Schuld von 154 Milliarden Goldmark aufgehäuft. Sie betrugen am Tage der Währungsumstellung, dem 20. November 1923, 15, 4 Pfennig in der Kaufkraft des Jahres 1913. Deutschlands innere Schuld war getilgt. 1924 wurde in London der Dawes- Plan ausgehandelt. Er regelte Deutschlands äußere Schuld, die in den Reparationsleistungen bestand, die Deutschland aufgrund des verlorenen Krieges zu erbringen hatte. 1930 begann ein hartes Jahr mit stetig steigender Arbeitslosigkeit und sozialer Not. Hartz IV ist im Vergleich dazu eine milde Form sozialer Not. Damit aber nicht genug. Der Dawes- Plan, in dem die für Deutschland zu erbringenden Reparationsforderungen festgelegt worden waren, erwies sich als unrealistisch und undurchführbar. Die Situation erforderte zwingend neue Regelungen. Die Verhandlungen, die daraus folgten, hatten
1930 den Young- Plan zum Ergebnis. In ihm wurden erneut die von Deutschland zu erbringenden Reparationsleistungen festgelegt. Der Young- Plan hatte neben sozialer Not politische Not im Gefolge. Erneut schuldig gesprochen stand Deutschland da als der große politische Taugenichts, der alles Unheil in der Welt zu verantworten hatte. Im Gegensatz zu heute hatte die Nation zu der Zeit noch einen Stellenwert in der Gesellschaft, und die ständigen Demütigungen blieben nicht ohne Auswirkung. Das war der Resonanzboden, auf dem Hitler seine demagogischen Fähigkeiten zum klingen bringen konnte. Und es krachte gewaltig. Bei den Reichstagswahlen am 14. September 1930 steigerte die NSDAP die Zahl ihrer Mandate von 12 auf 107. Der Durchbruch war gelungen. Im Januar 1930 trat der Young- Plan in Kraft. Er fand bei den im Reichstag vertretenen Parteien eine Mehrheit. In Hitlers Pressesprachrohr, dem „Völkischen Beobachter“, wurden diese Parteien mit beißender Polemik und Häme überschüttet. In den Schlagzeilen war oft von den „Tributparteien“ die Rede. Wenn er an die Macht käme, so verkündete Hitler dem gequälten Volk, dann werde er es denen schon zeigen, und augenscheinlich verlief dann wenige Jahre später alles im Sinne solcher Versprechungen. Politisch und wirtschaftlich hatte die Weimarer Republik ungewöhnliche Erschütterungen zu bestehen. Saalschlachten zwischen SA, Reichsbanner und Rotfrontkämpferbund endeten oft mit schweren Verletzungen bis hin zu tödlichem Ausgang. Kaum je ist eine Volkswirtschaft von inflationären und deflationären Entwicklungen so heimgesucht worden wie die Weimarer Republik. Die Inflation und Deflation der Zeit hatte letztlich ihre Ursachen in den Reparationsforderungen der Siegermächte des Ersten Weltkrieges. Abraham Lincoln, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika von 1861 bis 1865, hat sich zu diesem Wirtschaftssystem mit seinen Auswirkungen vernehmen lassen mit der Aussage, die ständige Veränderung des Geldwertes sei ein Verbrechen. Bekanntlich hat Abraham Lincoln nicht überlebt. Eine Pistolenkugel brachte sein frühzeitiges Ende. Hatte Hitler am 24. Februar 1920 seinen ersten Erfolg als Redner verbuchen können mit dem 25 Punkte Programm in der Hand vor 2000 Zuhörern, so war das die Initialzündung zu größeren Auftritten 10 Jahre später. Es folgte die Zeit, wo Hitler zehn Tausende und hundert Tausende in seinen Bann zog und zu Begeisterungsstürmen hinriss. Nach der Katastrophe kam die ebenso große Ernüchterung und das Unverständnis, wie das geschehen konnte.
Die übrige Welt, die sich danach in Exzessen moralischer Entrüstung erging,
und das auch erst im Wesentlichen zwanzig Jahre nach Ende des Zweiten
Weltkrieges. Am 29. Dezember 1992 kommentierte das französischen Presseorgan „Le Figaro“ ein Ereignis aus dem Jahre 1936. Hitler hatte im März 1936 entgegen den Bestimmungen des Versailler Vertrages die entmilitarisierte Zone des Rheinlandes besetzt. „Le Figaro schrieb dazu: Es hätten zu dem Zeitpunkt wenige Bataillone genügt, um Hitler Einhalt zu gebieten. Was kein Repräsentant der Weimarer Republik auch nur zu denken gewagt hätte, setzte Hitler in die Tat um, und wie bei anderen gleich gelagerten Ereignissen .zuvor wuchs sein Ansehen.
Inflationäre und deflationäre Entwicklungen bestimmen das wirtschaftliche
Geschehen unter unterschiedlichen Gesichtspunkten. Zwei sind weiter oben
schon genannt. Besondere Betrachtung verdient aber Tatbestand, dass Geld
als währungspolitisches Steuerungselement genutzt wird. Nichts ist besser geeignet, um die Gesellschaft oder das Zusammenwirken der Volkswirtschaften
zu manipulieren und politisch in eine gewünschte Richtung zu drängen. Hier kann ein wesentlicher Faktor gesucht und gefunden werden, mit dem der NSDAP das Meinungsmonopol und die damit verbundene Machtausübung in gewünschte oder unerwünschte Richtungen hineingezwängt wurde. Es folgen Text und die 25 Punkte der DAP und der NSDAP im Wortlaut: Das Programm der Deutschen Arbeiterpartei ist ein Zeit- Programm. Die Führer lehnen es ab, nach Erreichung der im Programm aufgestellten Ziele neue aufzustellen, nur zu dem Zwecke, um durch künstlich gesteigerte Unzufriedenheit der Massen das Fortbestehen der Partei zu ermöglichen. 1. Wir fordern den Zusammenschluss aller Deutschen auf Grund des Selbstbestimmungsrechtes der Völker zu einem Groß- Deutschland. 2. Wir fordern die Gleichberechtigung des deutschen Volkes gegenüber den anderen Nationen, Aufhebung der Friedensverträge von Versailles und St. Germain. 3. Wir fordern Land und Boden( Kolonien) zur Ernährung unseres Volkes und Ansiedlung unseres Volkes und Ansiedlung unseres Bevölkerungsüberschusses. 4. Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksichtnahme auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein. 5. Wer nicht Staatsbürger ist, soll nur als Gast in Deutschland leben können und muss unter Fremdgesetzgebung stehen. 6. Das Recht, über Führung und Gesetze des Staates zu bestimmen, darf nur dem Staatsbürger zustehen. Daher fordern wir, daß jedes öffentliche Amt, gleichgültig welcher Art, gleich ob im Reich, Land oder Gemeinde, nur durch Staatsbürger bekleidet werden darf. Wir bekämpfen die korrumpierende Parlamentswirtschaft einer Stellenbesetzung nur nach Parteigesichtspunkten ohne Rücksichtsnahme auf Charakter und Fähigkeiten. 7. Wir fordern, daß sich der Staat verpflichtet, in erster Linie für die Erwerbs- und Lebensmöglichkeit der Staatsbürger zu sorgen. Wenn es nicht möglich ist, die Gesamtbevölkerung des Staates zu ernähren, so sind die Angehörigen fremder Nationen(Nichtstaatsbürger) aus dem Reiche auszuweisen. 8. Jede weitere Einwanderung Nicht-Deutscher ist zu verhindern. Wir fordern, daß alle Nicht-Deutschen, die seit dem 2. August 1914 in Deutschland eingewandert sind, sofort zum Verlassen des Reiches gezwungen werden. 9. Alle Staatsbürger müssen gleiche Rechte und Pflichten besitzen. 10. Erste Pflicht jeden Staatsbürgers muss sein, geistig oder körperlich zu schaffen. Die Tätigkeit des einzelnen darf nicht gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen, sondern muss im Rahmen des Gesamten und zum Nutzen aller erfolgen. Daher fordern wir: 11. Abschaffung des arbeits- und mühelosen Einkommens, Brechung der Zinsknechtschaft. 12. Im Hinblick auf die ungeheuren Opfer an Gut und Blut, die jeder Krieg vom Volke fordert, muß die persönliche Bereicherung durch den Krieg als Verbrechen am Volke bezeichnet werden. Wir fordern daher restlose Einziehung aller Kriegsgewinne. 13. Wir fordern die Verstaatlichung aller (bisher) bereits vergesellschafteten (Trusts) Betriebe. 14. Wir fordern Gewinnbeteiligung an Großbetrieben. 15. Wir fordern den großzügigen Ausbau der Altersversorgung. 16. Wir fordern die Schaffung eines gesunden Mittelstandes und seine Erhaltung, sofortige Kommunalisierung der Groß- Warenhäuser und ihre Vermietung zu billigen Preisen. An kleine Gewerbetreibende, schärfste Berücksichtigung aller kleinen Gewerbetreibenden bei Lieferung an den Staat, die Länder oder Gemeinden. 17. Wir fordern eine an unseren nationalen Bedürfnissen angepasste Bodenreform, Schaffung eines Gesetzes zur unentgeltlichen Enteignung von Boden für gemeinnützige Zwecke. Abschaffung des Bodenzinses und Verhinderung jeder Bodenspekulation. 18. Wir fordern den rücksichtslosen Kampf gegen diejenigen, die durch ihre Tätigkeit das Gemeininteresse schädigen. Gemeine Volksverbrecher, Wucherer, Schieber usw. sind mit dem Tode zu betrafen, ohne Rücksichtnahme auf Konfession oder Rasse. 19. Wir fordern für das der materialistischen Weltordnung dienende römische Recht durch deutsches Gemeinrecht. 20. Um jeden fähigen und fleißigen Deutschen das erreichen höherer Bildung und damit das Einrücken in führende Stellung zu ermöglichen, hat der Staat für einen gründlichen Ausbau unseres gesamten Volksbildungswesens Sorge zu tragen. Die Lehrpläne aller Bildungsanstalten sind den Erfordernissen des praktischen Lebens anzupassen. Das Erfassen des Staatsgedankens muß bereits mit Beginn des Verständnisses durch die Schule(Staatsbürgerkunde) erzielt werden. Wir fordern die Ausbildung besonders veranlagter Kinder armer Eltern ohne Rücksicht auf deren Stand oder Beruf auf Staatskosten. 21. Der Staat hat für die Hebung der Volksgesundheit zu sorgen durch den Schutz der Mutter und des Kindes, durch Verbot der Jugendarbeit, durch Herbeiführung der körperlichen Ertüchtigung mittels gesetzlicher Festlegung der Turn- und Sportpflicht, durch größte Unterstützung aller sich mit körperlicher Jugendausbildung beschäftigenden Vereine. 22. Wir fordern die Abschaffung der Söldnertruppe und die Bildung eines Volksheeres. 23. Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen die bewusste politische Lüge und ihre Verbreitung durch die Presse. Um die Schaffung einer deutschen Presse zu ermöglichen, fordern wir, daß: sämtliche Schriftleiter und Mitarbeiter von Zeitungen, die in deutscher Sprache erscheinen, Volksgenossen sein müssen, nichtdeutsche Zeitungen zu ihrem Erscheinen der ausdrücklichen Genehmigung des Staates bedürfen. Sie dürfen nicht in deutscher Sprache gedruckt werden, jede finanzielle Beteiligung an deutschen Zeitungen oder deren Beeinflussung durch Nicht- Deutsche gesetzlich verboten wird, und fordern als Strafe für Übertretungen die Schließung eines solchen Zeitungsbetriebes sowie die sofortige Ausweisung der daran beteiligten Nicht- Deutschen aus dem Reich. Zeitungen, die gegen das Gemeinwohl verstoßen, sind zu verbieten. Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen Kunst- und Literaturausrichtung, die einen zersetzenden Einfluss auf unser Volksleben ausübt, und die Schließung von Veranstaltungen, die gegen vorstehende Forderungen verstoßen.
24. Wir fordern die Freiheit aller religiösen Bekenntnisse im Staat, soweit sie nicht dessen Bestand gefährden oder gegen das Sittlichkeits- und Moralgefühl der germanischen Rasse verstoßen. Die Partei als solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christentums, ohne sich konfessionell an ein bestimmtes Bekenntnis zu binden. Sie bekämpft den jüdischen- materialistischen Geist in und außer uns und ist überzeugt, daß eine dauernde Genesung unseres Volkes nur erfolgen kann von innen heraus auf der Grundlage: Gemeinnutz geht vor Eigennutz 25. Zur Durchführung alles dessen fordern wir: Die Schaffung einer starken Zentralgewalt. des Reiches. Unbedingte Autorität des politischen Zentralparlaments über das gesamte Reich und seine Organisationen im allgemeinen. Die Bildung von Stände- und Berufskammern zur Durchführung der im Reich erlassenen Rahmengesetze in den einzelnen Bundesstaaten. Die Führer der Partei versprechen, wenn nötig unter Einsatz des eigenen Lebens für die Durchführung der vorstehenden Punkte rücksichtslos einzutreten. München, den 24. Februar 1920 Mit diesen 25. Punkten begann Hitler. Er hielt sie in der Hand, als es ihm erstmalig gelang, die Aufmerksamkeit in größerem Stil auf sich lenken. Eine Betrachtung aus nationaler Sicht macht etwas augenfällig. Das Programm enthält keinen Bezug zur Deutschen Geschichte, obwohl sich die NSDAP vor allen anderen als Anwalt nationaler Interessen zu profilieren suchte. Kein Bezug zum christlich- humanistischen Grundzug, der prägend war für die deutsche Kultur- und Geistesgeschichte. Das hätte allerdings die Einhaltung ethischer Maßstäbe und Verpflichtungen mit sich gebracht. Schillers „Wilhelm Tell“, eine Lichtgestalt der deutschen Klassik, hat sogar Hitlers Unwillen erregt, er sei ein „Heckenschütze“ gewesen, so seine Einschätzung. Damit hatte sich Hitler dem Landvogt Geßler zugeneigt, was seinem Wesen eher entsprach, wie sich zeigen sollte. Am Beispiel Schiller zeigt sich ein universeller Charakterzug der deutschen Kultur- und Geistesgeschichte, er überhebt sich nicht über andere und schließt andere nicht aus. Einige der großen Dramen Friedrich Schillers sind in ihren Handlungen außerhalb Deutschlands angesiedelt: „Maria Stuart“ in Schottland, „Die Jungfrau von Orleans“ in Frankreich, „Don Carlos, der Infant von Spanien“, „Die Verschwörung des Fiesco zu Genua“, „Die Braut von Messina“, mit „Wallenstein“, „Die Räuber“ und „Kabale und Liebe“ begibt sich Schiller in deutsche Gefilde. Noch deutlicher zeigt sich universelles Denken bei Immanuel Kant in seiner Schrift „Vom ewigen Frieden“. Der Gedanke der Gründung eines Völkerbundes oder der Vereinten Nationen wird hier vorweggenommen. Die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts und die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts haben in Deutschland ein Kultur- und Geistesleben hervorgebracht, die Deutschland und die Deutschen auch in der Einschätzung außerhalb Deutschlands zum Volk der Dichter und Denker werden ließ. Diese Zeit deutscher Geschichte wurde aber eher belächelt, zumindest in der machtpolitischen Betrachtung. Kritische Stimmen haben zudem den Mangel an revolutionärem Gedankengut herausgearbeitet. Das 25. Punkte Programm enthält aber auch keinen Bezugspunkt zur politischen Geschichte Deutschlands. Preußen wird darin nicht erwähnt. Die nach dem Zweiten Weltkrieg nicht selten vertretene These, die NS-Ideologie habe sich in der Kontinuität der Deutschen Geschichte befunden, findet bereits im ersten Auftritt dieser „Bewegung“ ihre Widerlegung. Als Anknüpfungspunkt können allenfalls sozialdarwinistische Tendenzen herangezogen werden, wie sie im Vorfeld des Ersten Weltkrieges Verbreitung fanden, und zwar nicht nur auf deutscher Seite. Der Stärkere siegt und herrscht. In diesem einen Satz können sozialdarwinistische Gedankengänge zusammengefasst werden. Aber nicht nur auf politischer Ebene, sondern abgewandelt wurden im Ersten Weltkrieg auf beiden Seiten theologisch begründete Argumente ins Feld geführt. Auf diesen Wegen galt es herauszufinden, wer den allmächtigen Gott auf seiner Seite hätte. Deshalb konnte nach Beendigung des Ersten Weltkrieges Europa nicht zu einem wirklichen Frieden gelangen, weil die geistigen Grundlagen dafür nicht vorhanden waren. Die deutsche kulturpolitische Landschaft hat in Dialekten und Eigenarten der verschiedenen Regionen in ihrer Geschichte eine ungewöhnliche bunte Vielfalt entwickelt, wie sie kaum sonst zu finden ist. Das alles verschwand in der Zeit der NS-Herrschaft hinter einem braunen Vorhang, der nach Bedarf auf- und zugezogen wurde. Die Nation vom Pimpf bis zu Gauleiter wurde braun eingekleidet. Die Nation als Kollektiv sollte die Inkarnation in ein Individuum erstreben oder das Individuum als Inkarnation des Kollektivs. Politisch wird denn auch eine „Zentralgewalt“ gefordert. Eine Forderung, die ganz im Gegensatz zum Verlauf der Deutschen Geschichte steht und stand. Das 25 Punkte Programm enthält Forderungen, denen die Berechtigung nicht aberkannt werden kann. Es zeigt aber auch schon einige der Methoden, die zu seiner Erreichung Anwendung finden sollten. Die Juden werden darin nicht als Konfession angesehen, sondern, wenn auch erst nur versteckt angedeutet, als Rasse. Das Programm fordert für Deutschland, was andere Nationen in der Programmvorstellung schon hatten. Es war schließlich ein Gegenentwurf zur Unterdrückungspolitik, wie sie gegenüber Deutschland betrieben wurde. Zwei Programmpunkte in dem 25 Punkte Programm waren dick gedruckt und sollten so hervorgehoben werden. Der Programmpunkt Nr. 11, der wegen seiner Aktualität einer gesonderten Betrachtung unterzogen werden soll und der Programmpunkt Nr.25, wo es heißt: Gemeinnutz geht vor Eigennutz. Das klingt zunächst nicht schlecht, wird hier doch eine Solidarität eingefordert, die sich oft in der Geschichte als zwingend notwendig erwiesen hat. Die Rechte des Individuums sind in diesem Satz nicht definiert. Staat und Gemeinschaft werden absolut gesetzt. Individuelle Opferbereitschaft auf einer solchen Grundlage zu fordern, kann zu einem ungerechtfertigten Machtanspruch staatlicher Gewalten führen. In dem Maße, wie individuelle Freiheit Einschränkungen unterliegt, wird die Opferbereitschaft ihre Grenzen finden. Das Individuum erwartet mit dem Fortschritt der Gemeinschaft auch einen Fortschritt für sich selbst. Die zentrale Botschaft der Heiligen Schrift ist in dem Satz zusammengefasst: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Mehr wurde nicht verlangt, aber auch nicht weniger. Eine Linie ist eindeutig vorgezeichnet. Wird diese Line überschritten, ist Machtmissbrauch und Unrecht die Folge. Wird sie unterschritten, findet Unrecht seine Billigung aus einer Unterwürfigkeit heraus. |